Leider ist mein Großvater väterlicherseits bereits verstorben, als ich erst 12 Jahre alt war. Dennoch kann ich mich sehr gut an ihn erinnern und auch an die Wohnungen in Essen (Kölner Str.) und in Köln-Weiden (Aachener Str. 1248). Da ich mit meiner Großmutter gerne Rommé und Canasta gespielt habe und beginnend mit dem Tod meines Großvater 1972 bis zu ihrem Tod 1982 ihren gesamten Schriftkram mit meiner tragbaren Schreibmaschine erledigt habe, hat sie mir alle Unterlagen zur Familiengeschichte vermacht.
Mein Großvater stammt aus einer alten Marburger Familie, der über mehrere Generationen die Einhorn-Apotheke am Steinweg 25 unweit der Marburger Elisabeth-Kirche gehört hat. In Abb. 1 ist unten in der Mitte Elisabeth Magdalene Ruppersberg, geb. Hintze (* 3. November 1853 in Essen-Altenessen, † 28. Juni 1941 in Marburg, Quelle: Sterbeurkunde liegt im Original vor, Abbildung auf der Genealogie-Seite) zu sehen. Sie war Tochter des Bergwerkdirektors Heinrich Eduard Hintze und seiner Frau Johanne Wilhelmine Hintze geb. Huellstrung aus Essen-Altenessen und heiratete am 4. Februar 1874 den Apotheker Eduard Martin Nicolaus Wilhelm Ruppersberg. Mehr hierüber auf meiner Seite über Genealogie. Hier auf dieser Seite geht es weiter mit meinem Großvater Ludwig.
Ludwig Maximilian Viktor Ferdinand Eduard Ruppersberg, genannt Lux, wurde am 30. Dezember 1893 in Marburg an der Lahn (Hessen) geboren. Als jüngster Sohn von sechs (überlebt habenden) Kindern seiner Eltern musste er nach alter Sitte entweder der Kirche dienen oder zum Militär. Er entschied sich, unterstützt durch eine Empfehlung seiner Lehrer im Abiturzeugnis (siehe Abb. 2), für letzteres: "... in der Hoffnung, dass er dem Vaterlande zur Ehre gereichen wird. Oberrealschule zu Marburg (Lahn), 7. August 1914, Abschrift vom 10. Mai 1918, Dr. Knabe, Geheimer Studienrat."
Abb. 2: Abiturzeugnis Ludwig Ruppersberg von der Oberrealschule zu Marburg/Lahn 7. August 1914: "... in der Hoffnung, dass er dem Vaterlande zur Ehre gereichen wird."
Der Erste Weltkrieg begann am 28. Juli 1914. Nach seinem Abitur am 7. August 1914 trat mein Großvater am 10.11.1914 in das 78. Infantrieregiment (Aurich? Emden?) ein und wurde am 15.3.1915 zum Fahnenjunkerlehrgang nach Döberitz kommandiert. Das Datum seines (Offizier-)Patents (gleichbedeutend mit Beförderung zum Leutnant) ist durch eine Lochung unvollständig überliefert: 2(Lochung).4.1916.
Am 28.7.1916 wurde mein Großvater in der Schlacht von Kowel schwer verwundet (rechtes Bein und Gesicht) und geriet in russische Kriegsgefangenschaft. Nach tagelangem Eisenbahntransport wurde ihm in Ufa das rechte Bein bis zum Oberschenkel amputiert, obwohl die Triage ihn eigentlich als hoffnungslos ausgesondert hatte. Eine russische Ärztin sagte jedoch: "Njet, on molodoi!" Damit meinte sie, dass sie meinem Großvater wegen seiner Jugend (damals Mitte 20) zutraute, die Operation zu überleben und dass Heilungschancen bestünden. Trotz seiner Rettung mochte mein Großvater mit Militär und Krankenhäusern nichts mehr zu tun haben.
Nach der Rückkehr aus der russischen Kriegsgefangenschaft wurde mein Großvater im Technikum in Hamburg mit einer Beinprothese versorgt (genaueres siehe Mein Großvater im Ersten Weltkrieg).
Anschließend ging er durch Vermittlung seiner Schwester Maria (Mia), die in Essen mit dem Medizinalrat Dr. Wilhelm Fischer verheiratet war, zur Disconto-Gesellschaft, und lernte dort seine spätere Frau Charlotte Wirth kennen, die ihm am 30. August 1926 einen Sohn gebar, nämlich meinen Vater und zum allergrößten Unglück am 7. September 1926 später verstarb. Ihre Schwester Margarethe Johanne Wirth (* 11. Juni 1901) aus Hösel heiratete daraufhin am 25. November 1926 meinen verwitweten Großvater und nahm für meinen Vater Claus Joachim die Stelle einer Mutter wahr.
Die Disconto-Gesellschaft in Essen fusionierte 1929 mit der Deutschen Bank. In Folge der Weltwirtschaftskrise verlor mein Großvater seine Arbeit und wechselte am 15. Februar 1931 zum Gerling-Konzern, wo er die Kraftfahrzeuge aus der Sachversicherung in eine eigene Versicherungssparte überführte und somit die KFZ-Abteilung aufbaute.
Im Gerling-Konzern arbeitet er bis zu seiner Pensionierung am 29.12.1958 (Abb. 6).
Aus meiner Kindheit kenne ich noch die Wohnung in der Kölner Str. 32 (Gebäude mit Westend-Apotheke) in Essen-Frohnhausen. Von dort zogen meine Großeltern nach Weiden bei Köln (eingemeindet zu Köln-Weiden) in die Aachener Str. 248 (nach der Eingemeindung 1248).
Da meine Eltern sehr mit meinen kleinen Schwestern ( *1966, *1968) beschäftigt waren und ich mit neun Jahren schon sehr selbstständig und unternehmungslustig war, fuhr ich am Wochenende gerne mit Bus und Straßenbahn zu meinen Großeltern nach Weiden ans andere Ende Kölns: zuerst mit der Linie 3 oder 16 von Köln-Holweide Maria Himmelfahrtstr. zum Friesenplatz, und dort etwas versteckt hinter dem Bekleidungshaus Weingarten war die Haltestelle der Buslinie 51, die nach Lövenich führte. Mein Vater mochte diesen Weg nicht, da der Friesenplatz ein berüchtigtes Rotlichtviertel war und wollte lieber, dass ich mit einer weiteren Straßenbahn (1 oder 8) ab Neumarkt oder Rudolfplatz nach Müngersdorf fuhr, ich aber bevorzugte eine möglichst lange Fahrt in den alten Doppeldeckerbussen der KVB, in denen man oben auf herrlichen grün-schwarzen Polstern sitzen und die Aussicht genießen konnte. Ein paar Haltestellen vor der Endstation stieg ich dann in der Goethestr. aus und klingelte keine 5 Minuten später bei meinen Großeltern. Bei schlechtem Wetter wurde wurde Schach, Offiziersskat oder Rommé gespielt, bei gutem Wetter machten wir Ausflüge auf dem Rhein, nach Bonn, ins Siebengebirge oder nach Düsseldorf oder auch nur nach Rodenkirchen. Mein Großvater konnte noch gut Latein, und manchmal schrieben wir uns aus Spaß lateinische Postkarten (ein wenig Küchenlatein, siehe Abb. 7) .
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